Rekonstruktion historischer Techniken

Wenn man Möbelrestaurierung aus Leidenschaft betreibt, liegt es nahe, dass man die Meisterwerke der deutschen Möbelkunst – wenn aus Zeitmangel auch nur in Details – einmal rekonstruieren möchte.

Während meiner Ausbildung in München hatte ich die Möglichkeit, die Marketerie einer Kommode von David Roentgen (1743-1807) zeichnerisch abzunehmen. Neben den regulären Ausbildungszeiten, arbeitete ich in historischer Technik diese Einlegearbeit mit unteschiedlichen Holzarten nach. Um der Arbeit den richtigen Rahmen zu geben entwarf und baute ich in spätbarocker Manier noch einen Miniaturschrank. Die Tür ziert nun das Blumenarrangement. Die angefallenen Arbeitsstunden für das Gesamtprojekt habe ich irgendwann nicht mehr gezählt. Den Sockel hat damals ein Holzbildhauer nach meinen Vorstellungen, bzw. nach Vorlage eines Würzburger Aufsatzschrankes hergestellt.

Es ist als Restaurator nicht unbedingt notwendig solche Arbeiten durchführen zu können. In der Praxis hilft es jedoch meiner Meinung sehr, das alte Kunsthandwerk mit seinen Herausforderungen besser zu verstehen. Ja man wird bestimmt ehrfürchtiger und begegnet vielen Objekten mit mehr Respekt.

In der restauratorischen Praxis sind Teilrekonstruktionen zum Teil sinnvoll, um das Gesamterscheinungsbild eines historischen Möbels zu optimieren. Hierbei denke ich z.B. an verlorene Möbelfüße bei Schränken oder Kommoden, an Drechselteile oder auch an verlorene Sichtbeschläge, etc. Bei der Untersuchung historischer Möbel lassen sich meist Indizien sammeln, die mit den Kenntnissen über die Stilisik der Schaffensperiode und Vergleichen in der Fachliteratur gute Ergebnisse in der Ausführung erzielen lassen.

Als Beispiel zur Rekonstruktion von Bauteilen, möchte ich hier die Arbeiten an einer niederländischen Standuhr (um 1760) präsentieren. Die Uhr war in vielen Teilen stark verbastelt. Der Wunsch des Auftraggebers war es, mit Hilfe von Vergleichsobjekten und den Kenntnissen sowie der Durchführung von historischen Techniken, dem Original so Nahe wie möglich zu kommen. Auch die Klasse der Holzarbeiten sollten durch die Ergänzungen wieder besser erlebbar werden. Die Fotos zeigen Aufnahmen im Vor-, Zwischen- und Endzustand sowie Arbeiten an einzelnen Details wie brandschattierten Einlegearbeiten und das in Segmenten neu hergestellte Bogensegment der Front.